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…und die Großen lässt man gewinnen?

March 1, 2009

Okay, über den Herrn Abresch haben wir ja nun schon sehr ausführlich diskutiert. Deswegen wenden wir uns heute einmal etwas anderem zu, nämlich der PT Kyoto: Davon habe ich mir die Coverage angesehen. Und hängen geblieben bin ich am Viertelfinale von Orsini-Jones gegen Nassif. Ihr wisst schon – das welches durch diesen UNGLAUBLICHEN Cruel Ultimatum Topdeck mit Ansage entschieden wurde… Nun ja, man kann ja ausrechnen, wie hoch die Chance ist, dass er aus seinen verbleibenden Karten ein Ultimatum zieht. SO unwahrscheinlich ist das natürlich nicht.

Habt Ihr Euch die Coverage dieses Viertelfinals durchgelesen? Wenn nicht, macht es doch bitte einmal. (Hier noch einmal das Link.) Ich warte so lange. Okay. Fällt Euch etwas auf?

So, wie es aussieht, hat Monsieur Nassif in diesem Match keineswegs nur bei seinem Ultimatum Draw besonderes Glück gehabt! Tatsächlich scheint er allgemein sehr gut darin gewesen zu sein, immer  – insbesondere eine Runde nach einem Tidehollow Sculler – genau diejenige Karte zu ziehen, die er benötigte. Das ist sogar dem Coverage-Reporter aufgefallen, der es entsprechend kommentiert hat.

Nun ja, schön, Glück braucht der Mensch. Aber dann habe ich etwas getan, was ich eigentlich sehr ungern tue: Ich habe mir das Video seines “unglaublichen” Topdecks angesehen. Bestimmt einhundert Mal unterdessen. Das solltet Ihr auch tun (nicht unbedingt einhundert Mal, natürlich)!

Was seht Ihr? Nun, vielleicht fällt Euch ebenso wie mir auf, dass Nassif, als sein Gegner den Thoughtseize spielt, beide Hände unter der Tischplatte versteckt. BEIDE Hände, und jeweils so weit, dass sie vollständig verschwinden – bis über die Ärmel hinaus (die übrigens deutlich länger sind als die seines Gegenübers). Was haben seine Hände dort zu suchen? Früher gab es einmal einen Passus in den Tournament Rules, dass Spieler ihre Hände jederzeit über der Tischoberfläche halten müssen. Den scheint es nicht mehr zu geben. (Warum eigentlich?)

Wie auch immer, Nassif zieht seine Hände wieder unter dem Tisch hervor, und das nächste, was er tut, ist das Ultimatum zu ziehen. Zumindest auf den Spielablauf bezogen. Tatsächlich macht er nämlich noch eine Menge mehr. Er sortiert, unglaublich umständlich, sein Mana für das zu erwartende Cruel Ultimatum. Er scheibt seine verdeckt vor ihm liegenden Karten hin und her. Und die ganze Zeit, während er das tut, bleibt seine rechte Hand – die, mit der er das Ultimatum dann zieht –  mit dem Handrücken nach oben in der Waagerechten. Selbst, wenn er damit Länder verschiebt, tut er dies  nur mit den äußersten Gliedern seiner Finger.

Er lässt sich dabei sehr, sehr SEHR viel Zeit – er “slowrolled”, wie es heißt. Der eigentliche Vorgang des Kartenziehens hingegen, der passiert BLITZSCHNELL! So schnell, dass ich es auch nach einhundert Versuchen und ständigem Drücken von Pausentaste und Vorwärtstaste nicht geschafft habe, ein klares Bild von diesem Ablauf zu bekommen. Vielleicht wäre das ja mit dem Mastertape dieses Videos möglich – bei der YouTube-Version gelingt es mir nicht.

Wisst Ihr, was ich glauben würde, wenn im Fernsehen ein Zauberkünstler bei einem Kartentrick dieses Verhalten zeigen würde? Was ich glauben MÜSSTE? Was so ziemlich JEDER glauben würde? Natürlich wisst Ihr das.

Ich bin der Ansicht, das Allermindeste, was die DCI tun müsste wäre, dieses Video einigen professionellen Kartenkünstlern vorzulegen und sie zu fragen, was sie davon halten. Abgesehen davon wäre es höchste Zeit, das Verbot, seine Hände zu verdecken, wieder einzuführen. Und außerdem sollten Judges in einer solchen Situation vielleicht auch einmal das Recht erhalten, sich die oberste Karte, die gleich einen Topdeck darstellen muss, anzusehen, bevor der Spieler sie zieht.

Ich kann nicht sagen, dass ich mir SICHER bin, dass Nassif an dieser Stelle betrogen hat. (Er würde wohl kaum so dumm sein, in einem Blogeintrag darüber zu schreiben.) Ich weiß auch nicht, ob aus diesem Video, selbst bei Heranziehung von Experten, eindeutig hervorgehen würde, dass er betrügt. Ich bin allerdings überzeugt davon, dass er mit diesem Verhalten IN DER LAGE WAR zu betrügen. Jeder einigermaßen talentierte Kartenkünstler hätte hier einen Weg gefunden, eine Karte aus seinem Schoß (der Ort, wo sich vor langer Zeit auch einmal der Cadaverous Bloom von Mike Long befand) auf den Tisch zu befördern, ohne dass die Zuschauer erkennen können, wie dies passiert ist. Ich vermute sogar, die meisten hätten sich dabei weniger auffällig angestellt.

Und wenn ich diese Überlegung in Verbindung mit den generell bemerkenswerten Topdeck-Qualitäten von Monsieur Nassif bringe, dann gelange ich zu dem Schluss, dass hier etwas mächtig stinkt!

Naja, aber wenn ich da mal die Meinungen einiger Kommentatoren zusammenfasse und auf dieses Thema hier ummünze: “Ist doch klar, dass auf der Tour beschissen wird, schließlich geht es da ja um viel Geld.” Vielleicht gilt die Solidarität mit Betrügern ja auch für Franzosen?